Der Kunstraum
und die Schwabenkinder

Kunstraum Pettneu Innenraum

Franz Kurz

hat die Caßl-Geschichte in sein Buch Verkehrs – Geschichte des Arlberg 2) aufgenommen. Er wurde 1846 als Sohn des Gerbers Franz Kurz und dessen Frau Maria Anna Platt in Pettneu geboren. Nach entsprechender Ausbildung war er durch 26 Jahre Leiter der Städtischen Volksschule in Kufstein. In seinem Heimatort war er 1884 Mitbegründer der Musikkapelle. Nach der Fertigstellung des Arlbergtunnels wurde er mit einer Pettneur Delegation bei Bauleiter Ing. Giacomo Nobile Ceconi mit dem Ersuchen vorstellig, den Pettneuern die Instrumente der aufgelösten Tunnelmusik zu überlassen, was auch geschah. War Franz Kurz in Pettneu, dirigierte er die Musikkapelle selbst, komponierte auch Märsche für sie und widmete sich der Ausbildung der Jungmusikanten.

Mit Jakob Burger gründete er 1899 das Schul- und Heimatmuseum Pettneu. Im selben Jahr kam seine Verkehrs – Geschichte des Arlberg heraus. Die historischen Rückblicke darin erstrecken sich über den Zeitraum von 1218 bis 1898. Wie Kurz im Vorwort anmerkt, stützte er sich dabei auf Aufsätze von J. Zösmair, Dr. H.J. Biedermann und auf Notizen von Pfarrer G. Schmid und Josef Strolz aus St. Jakob. Im Kapitel Von 1858 bis 1898 3) schreibt er:

"Fast gleichzeitig im Frühjahr verlassen in den Thälern um den Arlberg auch arme Kinder im Alter von 10 bis 16 Jahren die Heimat und ziehen, nicht selten sogar guten Humors, geführt von einzelnen Erwachsenen, hinaus nach den schwäbischen Ufern des Bodensees, in das Allgäu oder direct Ravensburg zu, wo sie am großen Markte um Josefi von den anwesenden Bauern gegen eine Entlohnung von 4 – 20 fl. und diversen Kleidungsstücken als Hirten, Fahrburschen etc, in Dienst genommen werden. Oft aber gibt es auch Thränen, die das manchmal unterwegs sich schon einstellende Heimweh erpreßt. (...) Völlig etwas unternehmend veranlagt, wollte ich 12jähriger Franzl im Frühjahre 1858 auch mit anderen Schulkindern in das Schwabenland gehen, um ganz besonders zu Hause dem verhaßten Wurzelklauben in der Furche hinter dem Pfluge zu entkommen. Konnte ich in Schwaben doch einen Lohn in Baarem und hohe Stiefel verdienen und nebenher noch Schwäbisch lernen. Mein Wille war stark und die Erlaubnis endlich erbeten." Im Folgenden beschreibt Franz Kurz die Wanderung bis nach Lindau. Er hätte gern auch Ravensburg gesehen, aber ein Mann mit einem Einspänner habe angehalten und gefragt, ob er bei seinem Herrn Dienst nehmen möchte. Ja, habe er schnell gerufen, wenn er 1 fl. Hafti (Angeld), 7 fl. Lohn und ein doppeltes Hes (Kleid) bekomme. Seine Forderung wurde sofort angenommen, und nach stundenlanger Fahrt kam man beim Fuchsenbauern in Haargarten an. Der Bauer lag krank darnieder und starb bald darauf. Die junge Witwe heiratete 10 Wochen später wieder. Als Hochzeitspräsent erhielt Franz, der für den Falben als Zugpferd für die Kutsche zuständig war, drei Zwanziger und einen schönen weißen Hut. Beim Hochzeitsmahl habe der um diese Zeit aufgetauchte große Komet Anlass zu verschiedenen ernsten und heiteren Deutungen gegeben. Manche meinten, der Weltuntergang sei nahe. Der Franzl aus Tirol meinte jedoch, "dass das Werkl vielleicht noch 45 Tage halten könnte, und wenn er dann wieder in die Berge komme, sei er sicher außer Gefahr".

Darin irrte er, denn gerade diese hätten ihm auf dem Rückweg fast den Tod gebracht. Auf dem Weg von Klösterle nach Stuben geriet er in einen Schneesturm. Als er seinem Hütlein nachlief, das ihm der Wind von Kopf gerissen hatte, gerieten ihm seine Begleiter aus den Augen. Er irrte mit seinem Bündel durch den Schnee, suchte schließlich erschöpft in einer Kapelle Zuflucht und verlor das Bewusstsein. Soldaten rüttelten ihn wach und nahmen ihn nach Stuben mit, wo ihn die Postmeisterin Fritz pflegte ("Meine Ohren und Hände waren hart gefroren und konnten nur durch tüchtige ärztliche Hilfe gerettet werden.") 1888 besuchte er die Bauernfamilie in Haargarten, bei der es ihm so gut ergangen war, noch einmal.

Franz Kurz starb am 13. August 1901 im Alter von 55 Jahren. Am 15. August, dem Pettneuer Kirchtag – im Volksmund "dr Hoach" genannt, wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung begraben. Eine Gedenktafel beim Kircheneingang erinnert mit der Inschrift Er war Vater seinen Schülern, Freund seinen Untergebenen, ein treuer Sohn seiner Heimat an den verdienstvollen Mann.